Geschichte
Künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Kaunas State Choir, Gewinner des litauischen Nationalen Kultur- und Kunstpreises, Professor Robertas Šervenikas. Er hat diese Position seit März 2021 inne.
Am 23. Oktober 1969 begann der Staatschor Kaunas seine professionelle künstlerische Tätigkeit. Seit seinen ersten Tagen bis zu ihrem Tod im Dezember 2020 wurde sie von der Gewinnerin des Litauischen Nationalpreises prof. Petras Bingelis.
Der Chor hat über 250 großvolumige vokal-instrumentale Werke vom Mittelalter bis zur modernen Musik erarbeitet, die zur Schatzkammer der Weltklassik gehören: Oratorien, Kantaten, Messen, Passionen, konzertante und bühnenmäßige Opernversionen. Von Anfang an trat das Ensemble erfolgreich in unserem Land auf und gab in der ehemaligen UdSSR viele Konzerte: in den angesehenen Konzertsälen von Moskau und Sankt Peterburg, bei den Festivals „Russischer Winter“ und „Sterne von Moskau“ und in den Hauptstätten fast aller Sowjetrepubliken. Das Ensemble verdiente sich so bald auch internationale Anerkennung.
In Westeuropa wurde der Chor im Jahre 1984 nach der Aufführung der Symphonie Nr. 7 „Frühling“ von M. Theodorakis in Paris berühmt. Später hat der Chor dieses Werk im Berliner Konzertsaal „Schauspielhaus“ unter der Leitung des Dirigenten Herbert Kegel (1920 – 1990) aufgeführt und aufgenommen.
Nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Litauens, der damit verbundenen Öffnung der Wege nach Westen und besonders nach dem Beginn der Zusammenarbeit mit der Musiklegende des 20. Jahrhunderts – dem Geigenspieler und Dirigenten Lord Yehudi Menuhin (1916 – 1999) – wurde die konzertante Tätigkeit des Staatschors Kaunas besonders aktiv und inhaltsreich. Im Jahre 1992 nahm der Chor an dem in Spanien stattgefundenen Festival „Alte und neue Wege nach Indien“ teil, welches dem 500. Jahrestag der Entdeckung von Amerika gewidmet war. Die konzertanten und für die Bühne bearbeiteten Aufführungen des Oratoriums „Messias“ von G. F. Händel unter der Leitung des Dirigenten Y. Menuhin erfreuten das Publikum von Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland, Ägypten und Russland - auch in Buenos Aires (Argentinien) und Santiago (Chile) wurde gesungen. Viele europäische Zeitungen schrieben damals über den Staatschor Kaunas wie über eine der größten musikalischen Entdeckungen des Jahres. Der Chor wurde in ganz Europa zu einem berühmten Sängerensemble.
Ab dem ersten Jahr der Unabhängigkeit hat der Staatschor Kaunas mit dem deutschem Pianisten und Dirigenten Justus Frantz zusammengearbeitet. Die ersten allgemeinen Auftritte fanden im Sommer 1992 in Vilnius und beim Festival von Schleswig-Holstein in Deutschland statt. In den Jahren 1995 – 1997 gab man Konzerte bei den Neujahrs-Musikfestivals in Maspalomas (Kanarische Inseln). Im Jahre 1996 fanden auf Initiative des Dirigenten mehrere Gastspiele in mittel- und osteuropäischen Ländern statt. Die Symphonie Nr. 2 von G. Mahler konnten Musikverehrer von Warschau, Budapest, Bratislava, Prag und Moskau hören.
Eine sinnvolle schöpferische Freundschaft hat den Staatschor Kaunas mit dem Cellisten und Dirigenten Mstislaw Rostropowitsch (1927 -2007) verbunden. Der Maestro bewertete die Geschicklichkeit und Professionalität des Chors sehr wohlwollend und stufte den Chor zu einem der besten Weltensembles ein, mit denen er zusammengearbeitet hat. Diese Zusammenarbeit begann im Jahre 1998 in Köln (Deutschland), hier wurde die Kantate „Sonnengesang“ von S. Gubaidulina für Schlagzeug, Chor und Violoncello aufgeführt. Danach wurde der Chor in die französische Stadt Evian eingeladen, um dort zusammen mit dem Radioorchester von Leipzig die Symphonie Nr. 9 von Ludwig van Beethoven aufzuführen. Mit dem Dirigenten M. Rostropowitsch gab der Staatschor Kaunas in Gstaad (Schweiz) ein Konzert, unter dessen Leitung auch die Kantate „Carmina Burana“ von C. Orff erklang. Während der litauischen Kulturvorstellung in Paris führte der Chor am 8. Januar 2001 im Theater des Champs Elysees die Symphonie Nr. 9 von Beethoven auf.
Um die Jahrhundertwende machte der Staatschor Kaunas seine Bekanntschaft mit dem polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki: am 17. September 1999 führte der Chor in Warschau sein „Te Deum“ auf, beim Festival „Weiße Nächte“ in Sankt Peterburg im Jahre 2001 das vom gleichnamigen Autor unter seiner persönlichen Leitung dirigierte Oratorium „Seven Gates of Jerusalem“ und im Sommer 2003 wurde auf dem in Schwäbisch Gmünd stattgefundenen kirchlichen Musikfestival in Deutschland das Werk „Passio Secundum Lucam“ aufgeführt.
Seit dem Jahre 1989 wird der Staatschor Kaunas ständig zur Teilnahme an Musikfestivals eingeladen: „Bordeaux Frühling“ und „Strand des Mittelmeeres“ (Frankreich), Schleswig-Holstein (Deutschland) und Turku (Finnland) - auch zu den in mitteleuropäischen Ländern stattfindenden Festivals. Das französische Publikum durfte sich an die Chorauftritte im Konzertsaal „Pleyel“ und in der Kathedrale Notre-Dame in Paris und das italienische Publikum an die Chorauftritte in der Musikakademie der heiligen Cecilie in Rom erfreuen. Das Ensemble trat im Operntheater von Buenos Aires „Colon“ und in den Operntheatern von Santiago, Genua, Bologna, Kairo und Warschau hervorragend auf. Viele Male gab der Chor Konzerte mit Symphonieorchestern wie BBC London, Bordeaux Aquitaine Nationalorchester, „Gewandhaus“ von Leipzig, Philharmonieorchester von Moskau und Sankt Peterburg und hat u. a. mit Irina Archipowa (1925 - 2010), Sergej Larin (1956 – 2008), Montserrat Caballé, Violeta Urmana, Dmitri Chworostowski und anderen Solisten gesungen. Den Staatschor Kaunas haben Berühmtheiten wie Dmitri Kitajenko, Cyril Diederich, Yan Pascal Tortelier, John Axelrod, Wladimir Spiwakow, Waleri Gergijew und andere dirigiert.
Am 12. Januar 2003 hat der Staatschor Kaunas im Konzertsaal „Am Gendarmenmarkt“ in Berlin an einem feierlichen Konzert teilgenommen, welches dem Gedenken des UNESCO Beschlusses gewidmet war, das Manuskript der Symphonie Nr. 9 von Ludwig van Beethoven in den Katalog des Weltdokumentenerbes („Memory of the World“) einzutragen. Den Chor hat das Symphonieorchester der Philharmonie der Nationen unter der Leitung des Dirigenten J. Frantz begleitet. Im gleichen Jahr haben die Chorsänger in Rom während der Eröffnung eines der weltgrößten Musikzentren – „Auditorium Parco della Musica – gesungen, wo zusammen mit anderen ausländischen Musikern und dem Symphonieorchester „Academia Nazionale di Santa Cecilia“ unter der Leitung des Dirigenten Myung-Whun Chung die Symphonie Nr. 8 von G. Mahler ausgeführt wurde.
Der Staatschor Kaunas hat mehr als 3000 Auftritte in Litauen und weit außerhalb seiner Grenzen durchgeführt. Im Stadion von Berlin hörten über 75000 Menschen die Kantate „Carmina Burana“ von C. Orff, die vom Staatschor Kaunas vorgetragen wurde. Das Oratorium „Messias“ von G. F. Händel hat der Chor mehr als 80 Mal aufgeführt.
In den Konzertsälen Litauens ist der Staatschor Kaunas als Interpret von Premieren ausländischer und litauischer Komponistenwerke bekannt. Mit den bekanntesten litauischen Dirigenten – Jonas Aleksa (1939 – 2005), Saulius Sondeckis (1928-2016), Juozas Domarkas, Gintaras Rinkevičius, Robertas Šervenikas und mit von ihnen geleiteten litauischen nationalen und staatlichen Symphonieorchestern, Symphonieorchestern der Oper und des Balletttheaters sowie mit Kammerorchestern hat der Chor mehr als 250 Premieren aufgeführt. Die Werke von Gustav Mahler, Carl Orff, Sofia Gubaidulina, Alfred Schnittke, Arnold Schönberg, Dmitri Schostakowitsch, Peteris Vasks und Jacques Loussier wurden für das litauische Publikum zum ersten Mal präsentiert.
Der Staatschor Kaunas ist ständiger Teilnehmer an den Veranstaltungen und Konzerten, die dem Gedenken an staatliche Feiern sowie anderen wichtigen Gelegenheiten gewidmet sind, die vom litauischen nationalen Rundfunk und Fernsehen direkt übertragen werden. Ohne den Chor kann man sich heutzutage das bedeutendste musikalische Jahresereignis in unseren Land – das schon zur Tradition gewordene Pažaislis Musikfestival, welches jeden Sommer die Konzerträume von Kaunas und anderer Ortschaften Litauens erreicht - nicht mehr vorstellen.
Der Chor ehrt hohe Gäste, die Litauen besuchen: während des apostolischen Besuchs im Jahre 1993 hat der Papst Johannes Paul II. die Sänger von Kaunas gehört, im Jahre 2008 wurde in Trakai ein Konzert zu Ehren der niederländischen Königin Beatrix gegeben, im Jahre 2009 erklang die Musik des Chors für die Monarchen und Führer der europäischen Staaten während der Eröffnungsfeierlichkeit vom Palast der Herrscher des Großfürstentums Litauen.
Zu den wichtigen Aufnahmen des Staatschors Kaunas gehören: CDs mit Y. Menuhin („Messias“ von G. F. Händel, „Die Schöpfung“ von J. Haydn, Symphonie Nr. 9 von Ludwig van Beethoven, Messen in As-Dur und C-Dur von F. Schubert). Mit dem litauischen staatlichen Symphonieorchester und G. Rinkevicius wurde die Symphonie Nr. 2 („Auferstehung“) von G. Mahler sowie die Opern „Die Zauberflöte“ von W. A. Mozart und „Otello“ von G. Verdi aufgenommen. Einen besonderen Platz in der Diskografie nehmen die Werke für Chormusik von litauischen Komponisten wie M. K. Čiurlionis, J. Naujalis, Č. Sasnauskas, B. Dvarionas, J. Juzeliūnas und B. Kutavičius ein.